„Bier im Blut" - Die Böblinger Brauereidynastie Dinkela(c)ker

In diesem "EinBlick in die Stadtgeschichte" befasst sich der frühere Amtsleiter und Autor Erich Kläger mit einem "belebenden" Thema. Es geht um die Geschichte der Brauerfamilie Dinkela(c)ker.

Die Brauerei Dinkelaker im Jahr 1903

Es gab früher, als Böblinger und Sindelfinger noch Bewohner von einem je anderen Stern waren, den Spruch: „Ein rechter Böblinger ist in Sindelfingen geboren". Dies galt auch für den Sohn des Rößleswirts von Sindelfingen, den ersten Dinkelacker in Böblingen, den Hirschwirt Johann Michael Dinkelacker, der von 1723 bis 1800 lebte und es in Böblingen bis zum Mitglied im Gemeinderat brachte (offenbar das Beispiel einer geglückten „Umzüchtung"). Unter seinen sieben Söhnen wurde Carl Gottfried, 1787 geboren, zum Stammvater der Brauereidynastie. Nach Lehrjahren, in denen er sich in Brauereien umschaute, die technisch auf dem neuesten Stand waren, ging er nicht auf den väterlichen „Hirsch" zurück, sondern erwarb am Markt die alte Amtspflege neben dem Rathaus, wo er eine Wirtschaft und Brauerei einrichtete. Dies war 1823 die Gründung der Böblinger Brauerei, die bis heute im Familienbesitz existiert.

Auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft

Die Brauerei Dinkelaker im 19. Jahrhundert

Den entscheidenden Schritt in eine erfolgreiche Zukunft tat der „Biersieder" - wie man damals sagte - Carl Gottfried Dinkelacker 1829 durch seine Umsiedlung an den heutigen Standort am Postplatz. Wie rasch er wirtschaftlich Fuß fasste, zeigt der Bau der auf der höchsten Höhe östlich der Stadt gelegenen „Waldburg" 1832, einem Gasthaus, das bald ein weithin bekanntes und beliebtes Ausflugsziel wurde. Auch später wird ein zweites „Bein" zur Solidität der wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen haben: Mitte des 19. Jahrhunderts war der Brauer Dinkelacker der größte Landwirt der Stadt, der zeitweise 70 Hektar bewirtschaftete.

Den Stand einer Großbrauerei nach damaligen Maßstäben erreichte Dinkelacker schon in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts und dies in der unmittelbaren Nachbarschaft der größten Brauerei Württembergs, der Zahn'schen Aktienbrauerei in Böblingen.

Die Tradition wird fortgeführt

Im Jahr 1860 übernahmen die Söhne Carl Christian und Wilhelm gemeinsam das Unternehmen. Ganz harmonisch verlief das wohl nicht, denn der ältere, Carl Christian, ging nach Amerika, kehrte aber bald zurück, nachdem dort der Versuch einer Brauereigründung gescheitert war. Die Verantwortung für den landwirtschaftlichen Betrieb, die er danach übernahm, hielt ihn nicht lange. Er ließ sich sein Erbe „auszahlen", zog nach Stuttgart und „privatisierte", wie man damals sagte, blieb aber seiner Heimatstadt mit besonderer Anhänglichkeit verbunden. In einer bis heute interessanten „Chronik der Stadt Böblingen" hat er Erinnerungen an die alte Zeit festgehalten, die 1901 erschienen sind. Auch eine Stiftung für „ins Heer eintretende junge Böblinger" ist Ausdruck dieser Verbundenheit.

Doch auch die Brauerei konnte er nicht hinter sich lassen, „das Bier im Blut...": Als sein Sohn Carl Anfang Zwanzig war, erwarb er eine kleine Brauerei, in der dieser Carl Dinkelacker 1888 die nach ihm benannte Brauerei „CD", gründete, die bereits Ende des Jahrhunderts zu den großen der Stadt gehörte und 2013 ihr 125-jähriges Jubiläum feiern konnte.

Dass dabei der Zusammenhang mit der Böblinger Brauereidynastie unerwähnt blieb, hat uns dann doch etwas geschmerzt. Dies ist allenfalls aus der Überlegung heraus verständlich, dass die „Stuttgart-Identität" im Vordergrund stehen sollte. Das drückt sich auch darin aus, dass die Helmzier auf dem ersten CD-Wappen später durch das Stuttgarter Rößle ersetzt wurde!

Es gab im Übrigen in den 20er und 30er Jahren auch eine enge räumliche Nachbarschaft und geschäftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Zweigen der Dinkelacker, die sich durch die unterschiedliche Schreibweise des Familiennamens („ck" bzw. „k") zu unterscheiden versuchten, als die Stuttgarter die „Zahnei" übernahmen, die einstige Brauereigaststätte der 1920 eingegangenen Aktienbrauerei, die auf der Ecke Stuttgarter Straße und Sindelfinger Straße stand und in der Bombennacht 1943 zerstört wurde.

Dass in den Familien der Zusammenhang mit der Böblinger Herkunft weiterlebt, habe ich erfahren, als ich 2002 für die Böblinger Stadtgeschichte „Geschichte in Gestalten" das Material für das Porträt der Schönbuchbrauerei zusammentrug und bei einem Besuch bei Wolfgang Dinkelacker, dem heutigen Seniorchef des Stuttgarter Unternehmens und Enkel des Gründers, Fotos von gemeinsamen Vorfahren der Böblinger und Stuttgarter Linie unter den Familien tauschen konnte.

Unternehmergeschick und Brauqualität

Dieser Wolfgang Dinelacker war es auch, der die CD-Brauerei vor einigen Jahren aus dem kurzzeitigen Verbund mit einem belgischen Biergiganten zurückholte und die Zukunft auf den Qualitäten der Traditionsbrauerei als Familienbetrieb neu ausrichtete. Dies ist offensichtlich auch das Geheimnis der Erfolgsgeschichte der Böblinger Schönbuchbrauerei, die durch unternehmerisches Geschick und hohe Brauqualität ihre heute führende Stellung in der Region behaupten konnte.

Die Redaktion bedankt sich herzlich bei Erich Kläger für den interessanten und lebendigen Beitrag über Böblingens bekannte Brauerfamilie.

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