Kleindenkmale in Böblingen
- Zeugnisse der Vergangenheit
Ende letzten Jahres wurden in der Reihe „EinBlick in die Stadtgeschichte“ schon einige Dagersheimer Kleindenkmale vorgestellt. In dieser Veröffentlichung sind jetzt Kleindenkmale aus der Kernstadt Böblingen an der Reihe.
Was unter Kleindenkmalen zu verstehen ist, wurde vom Landesamt für Denkmalpflege definiert: „Im Allgemeinen werden darunter ortsfeste, freistehende, kleine, von Menschenhand geschaffene Gebilde aus Stein, Metall oder Holz verstanden, die einem bestimmten Zweck dienten bzw. dienen oder an eine Begebenheit bzw. an Personen erinnern.“ Unter diesen Begriff fallen Grenzsteine, Wegkreuze, Wirtshausschilder, ja sogar Bänke oder Brunnen. Zum Schutz dieser Zeugen der Vergangenheit ist es notwendig, sie zu kennen. Deshalb führt das Landesdenkmalamt in Zusammenarbeit mit den Landkreisen Projekte zur Erfassung und Dokumentation von Kleindenkmalen durch.
Auf der Suche
Solch ein Vorhaben wurde auch im Landkreis Böblingen durchgeführt. Es startete im November 2013. Das Vorhaben basierte auf ehrenamtlicher Mitarbeit. Eine Schar von über 120 heimatgeschichtlich Interessierten machte mit. Sie suchten, erfassten, fotografierten und kartierten in mühevoller Arbeit zahlreiche Zeugen der Geschichte. Da die Kleindenkmale oft sehr versteckt sind, mussten sie bei Wind und Wetter die Felder und Wälder durchstreifen. Als das Projekt Ende 2015 abgeschlossen war, hatte man eine große Anzahl von Kleindenkmalen erfasst. Koordiniert und betreut wurde die Arbeit von Dr. Helga Hager und Pamela Ruckhaberle vom Kreisarchiv.
Auch die Gemarkung der Kernstadt Böblingen wurde durchforstet und untersucht. Wie in den anderen Orten des Landkreises ging hier ohne bürgerschaftliches Engagement nichts. Die Last der Arbeit lastete dabei fast vollständig auf den Schultern von Peter Göbell. Er bearbeitete ein Gebiet, das knapp 34 Quadratkilometer umfasst. Peter Göbell erhielt dabei auch die Unterstützung von Johannes Rogala und Fritz Brezing und anderer Privatpersonen aber auch Einrichtungen wie der Stadt Böblingen. Und so wurden 164 Kleindenkmäler erfasst, von denen einige jetzt vorgestellt werden.
Um ein ganz klassisches Kleindenkmal handelt es sich bei dem Grenzstein auf der Flur Mönchsbrunnen. Er markiert die (auch heute noch gültige Gemeinde-)Grenze zwischen Böblingen und Sindelfingen. Der Stein wurde 1756 aufgestellt, wie eine angebrachte Jahreszahl angibt. Auf der nach Sindelfingen weisenden Seite des Steins ist eine Hirschstange angebracht. Dieses Symbol steht für die Herrschaft Württemberg und bezeichnet in diesem Fall das Böblinger Gemeindegebiet. Auf der anderen Seite in Richtung Böblingen ist ein Kreuz als Symbol für Sindelfingen (Fleckenzeichen) angebracht.
Ein recht junges Kleindenkmal ist die anlässlich des dreißigjährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft Böblingens mit Bergama im August 1997 aufgestellte Tafel. Aufgrund neuester politischer Entwicklungen hat ihre Botschaft der Städte- und Völkerfreundschaft ungeahnte Aktualität bekommen. Das Denkmal besteht aus einer Bronzetafel, die auf einem Granitsockel angebracht ist. Die Tafel hat eine Höhe von 25 und eine Breite von 40 Zentimeter. Der Standort befindet sich am westlichen Uferweg des Oberen Sees.
Schillers Hain
An den Dichter und Dramatiker Friedrich Schiller erinnert der Schillerhain-Stein an der Waldburgstraße beim Kreiskrankenhaus. Er wurde aus Anlass von Schillers hundertsten Todestags am 9. Mai 1905 in dem damals angelegten „Schillerhain“ aufgestellt. Beim Bau des Krankenhauses (1962-1967) wurde der Stein dann an seine jetzige Stelle versetzt.
Jüngeren Datums ist die vom Steinmetzmeister Hugo Krautter geschaffene Sonnenuhr an der Breslauer Straße bei der Akademie für Datenverarbeitung. Sie liegt exakt auf dem 9. Längengrad östlich von Greenwich, der sich durch Böblingen erstreckt. Auch sonst handelt es sich hier um ein gewichtiges Werk, wiegt doch der Granitblock zwei Tonnen. Auf dem Stein sind zwei Inschriften in lateinischer Sprache angebracht, die den Begriff Zeit thematisieren: „TEMPUS VINCIT OMNIA“ / „DIE ZEIT BESIEGT ALLES“ und „VERITAS TEMPORIS FILIA“ / „DIE WAHRHEIT IST DER ZEIT TOCHTER“.
Aus dem 19. Jahrhundert stammt das Denkmal für die Gefallenen des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71. Sein Standort ist der Alte Friedhof hinter der Aussegnungshalle. Es besteht aus einer Säule auf Fundament mit drei Tafeln. Die Inschrift lautet: „Den im Feldzug 1870-71 Gebliebenen gewidmet von der Stadtgemeinde.“ Es wurde am 20. Juli 1879 eingeweiht.
Ein originelles Denkmal findet sich bei der Ludwig-Uhland-Schule an der Galgenbergstraße. Es handelt sich um einen Brunnen, an dessen Rand ein steinerner Pelikan sitzt. Die Figur ist die von Karl Machner angefertigte Kopie eines von Fritz Melis geschaffenen Kunstwerks (1954), dessen Original sich in der Schule befindet.
Kleindenkmale können oft unspektakulär sein. So liegt der eher unscheinbare Furtbach-Brunnen in der Flur Baumgartenwand. Es handelt sich offenbar um einen ehemaligen Brunnen dessen Trog nicht mehr existiert, während der Brunnenstock (Wasserzulauf) jedoch noch vorhanden ist.
Manchmal sind nicht nur die einzelnen Kleindenkmale interessant, sondern auch das Zusammenspiel mehrerer. In der Flur Mönchsbrunnen z. B. verläuft die Gemeindegrenze durch einen kleinen Bach. Da man bei der Aufstellung 1924 keinen Stein in den Bach stellen wollte, weil er sonst im Schlamm versunken wäre, wurde jeweils ein Stein links und rechts (in gleicher Entfernung) vom Bach aufgestellt. Auf den beiden gegenüberliegenden Steinen sind Pfeile eingeritzt, deren Spitzen jeweils auf den anderen Stein verweisen. Die Mitte dieser durch Pfeile bezeichneten Strecke markiert dann die im Bach verlaufende Grenze. An der nach Böblingen gewandten Fläche ist als Sindelfinger Fleckenzeichen wieder ein Kreuz angebracht, während an der nach Sindelfingen gewandten Seiten diesmal jeweils ein sogenannter Dreilatz (Fahne auf dem Stadtwappen) als Böblinger Fleckenzeichen abgebildet ist.
Der versunkene Stein
Wie dann ein versunkener Grenzstein aussieht, wird anhand eines Beispiels auf der Flur Berstlachbrücke bei der Römerstraße eindrücklich demonstriert. Dort ist ein alter Stein, der den städtischen vom staatlichen Wald abgrenzen sollte, ganz einfach im Erdreich versunken. Unmittelbar daneben hat man dann einen weiteren Stein aufgestellt, der aber auch schon ein beträchtliches Stück eingesunken ist. Wegen der beiden Steine mit gleicher Bedeutung spricht man auch von einer "Doppelversteinung".
Eher unspektakulär ist auch ein einfaches undatiertes Holzkreuz im Wald in der Flur Brand beim Glemsbachweg. Es wurde von der Evangelischen Kirchengemeinde aufgerichtet und noch Ende der 1980er Jahre wurden dort Gottesdienste abgehalten. Dieses Kleindenkmal zeugt von der prägenden Rolle der christlichen Religion, die sich auf unterschiedliche Weise auch im Landschaftsbild niedergeschlagen hat.
Ein Kleindenkmal als typisches Zeugnis der Zeitgeschichte ist das am 1. August 1954 bei der Schwabstraße 1 aufgestellte vom Bildhauer Walter Proft geschaffene Erinnerungs- und Ehrenmal für die Angehörigen der Panzer-Regiments 8, das einst in der Panzerkaserne stationiert war. Ebenso Zeuge seiner bzw. unserer Zeit ist schließlich das Friedensmahnmal von Alfred Zellner beim Waldfriedhof am Maurener Weg (2003). An drei mit einer Kette verbundenen Stelen sind jeweils die Symbole für die drei großen monotheistischen Religionen Kreuz (Christentum), Stern (Judentum) und Halbmond (Islam) angebracht. Auf der mittleren Stele steht: „MACHT! / FRIEDEN / GLEICHBERECHTIGT“. Der Appell zu Frieden und gegenseitigem Verständnis, der durch das Kleindenkmal und Kunstdenkmal ausgedrückt wird, verleiht ihm eine gewissermaßen zeitlose Aktualität.
Zusätzlich zur ganzen Kartierung hat Peter Göbell noch eine beeindruckende private Webseite erstellt. Auf ihr können die einzelnen Kleindenkmale recherchiert werden. Neben einer Grundkarte mit den eingezeichneten Objekten gibt es Informationen und Fotografien zu den einzelnen Denkmalen. Auffindbar ist die Webseite unter: http://www.denksteine-schoenbuch.de/GEMBB/. Die heimatgeschichtlich Interessierten kommen hier voll auf ihre Kosten. Zahlreiche Informationen zu den Kleindenkmälern des benachbarten Schönbuchs hält auch die Hauptseite bereit: „www.denksteine-schoenbuch.de“.
Die Redaktion bedankt sich herzlich bei Peter Göbell für die Bereitstellung seines gesammelten Materials und die Erlaubnis, Abbildungen daraus abzudrucken.