25 Jahre Städtepartnerschaft Böblingen - Sömmerda

Gesamtpolitische Zusammenhänge

Feierliche Unterzeichnung des Abkommens im Juli 1988 in Sömmerda

Über die Anbahnung der Verbindung zwischen Böblingen und Sömmerda berichtet Alt-Oberbürgermeister Alexander Vogelgsang hier. Die Alt-Stadträte Waltraud Gmelin und Richard Schüle schildern ihre spannenden Erlebnisse, als sie als Teil einer Böblinger Delegation nach Sömmerda reisten, um den Partnerschaftsvertrag auszuhandeln.

Die Städtpartnerschaft mit Sömmerda muss vor dem Hintergrund der Verbesserung des Verhältnisses zwischen Ost und West in den 1980er Jahren gesehen werden. Diese Verbesserung war die Bedingung für die Verbindung, da sie westdeutsche Kommunen ermunterte, Partnerschaften mit Städten und Gemeinden in der DDR anzustreben.

Sömmerda im Juli 1988 - Bürgermeister Hölzer
und Oberbürgermeister Vogelgsang

Die Verbindung Böblingens war kein Einzelphänomen

1986 hatten das saarländische Saarlouis und das ostdeutsche Eisenhüttenstadt die erste deutsch-deutsche Städtepartnerschaft abgeschlossen und im März 1989 gab es bereits 38 weitere Partnerschaften sowie 19 Genehmigungen zum Abschluss solcher. Von Seiten der westdeutschen Städte und Gemeinden lagen damals sage und schreibe 800 Anträge auf eine Partnerschaft vor.

Die deutsch-deuschen Städtepartnerschaften können dabei nicht mit den schon länger bestehenden Partnerschaften bundesdeutscher Kommunen mit westeuropäischen Städten verglichen werden. Denn die DDR war kein demokratischer Staat und der Abschluss einer Partnerschaft war letztendlich von der Zustimmung der DDR-Staatsführung bzw. der SED-Führung (Zentralkommitee) abhängig.

Was waren die Motive der Akteure?

Die westdeutschen Städte und Gemeinden wollten im Zusammenhang mit der Verbesserung der Beziehungen zwischen Ost und West durch persönliche Kontakte das gesamtdeutsche Zusammengehörigkeitsgefühl stärken. Man fühlte sich aber auch in dieser Zeit des Umbruchs ganz einfach verpflichtet zu helfen und man konnte jetzt auch helfen. Die ostdeutschen Kommunen knüpften viele Erwartungen an eine solche Partnerschaft, jedoch verfügten sie über keinerlei politischen Spielraum hinsichtlich der Entscheidung zu einer Partnerschaft und waren von den Weisungen der Zentrale abhängig.

Warum stimmte die damalige Führung der DDR dem Wunsch Böblingens zu einer Partnerschaft mit Sömmerda überhaupt zu? Der Grund lag im Bestreben der DDR, ihre außenpolitische Anerkennung auf eine breitere Basis zu stellen. Denn lange hatte die DDR um die Anerkennung als souveräner Staat durch die Bundesrepublik gekämpft und sah in den 1980er Jahren die Gelegenheit, diese zu bekommen. Die deutsch-deutschen Städtepartnerschaften sollten also in den Augen der DDR-Führung die Beziehungen zwischen souveränen Staaten widerspiegeln. Daher förderte sie die Städtepartnerschaften und versuchte diesen durch das aufwendige protokollarische Prozedere mit einer schriftlichen Abmachung und der Ratifikation (verbindlicher Vertragsschluss) einen quasi völkerrechtlichen Charakter zu geben.

Verfahren nach einem bestimmten Schema

Die DDR-Führung hatte in der Frage der Städtepartnerschaften nicht nur bestimmte Interessen, sie verfolgte diese auch mit einer Strategie. Die Abläufe der Verfahren, die zu Städtepartnerschaften führten, liefen nämlich nach einem bestimmten Schema ab. Zunächst ging die Initiative für eine Partnerschaft von einer westdeutschen Kommune aus. Oft hatten diese Initiativen dank Fürsprechern Erfolg und die DDR-Führung gab ihre Zustimmung. Im Fall von Böblingen waren Ministerpräsident Lothar Späth und der Gewerkschaftschef Franz Steinkühler die erfolgreichen Fürsprecher.

Nun zeigte sich ein bestimmtes Handlungsmuster. Zunächst machte eine Delegation aus der DDR den ersten Informationsbesuch. Sie wurde fast immer vom stellvertretenden Bürgermeister angeführt, so dass es beim eigentlichen Vertragsabschluss eine protokollarische Steigerungsmöglichkeit gab. Im Fall Böblingens war dies eine Delegation aus Sömmerda unter der Führung des stellvertretenden Bürgermeister Rainer Hahns im Februar 1988.

Die Unterzeichnung der Abmachungen fanden in der Regel in der DDR statt. Wenige Wochen später gab es dann den Gegenbesuch der bundesdeutschen Delegation. Dieser fand in unserem Fall im März 1988 statt. Als Ergebnis dieses Besuchs unterzeichneten der Bürgermeister von Sömmerda Manfred Hölzer und der damalige OB Alexander Vogelgsang die Vereinbarung zur 34. deutsch-deutsche Städtepartnerschaft.

Sömmerda - Straßenszene 1988

Diese Abmachungen wurden in der DDR geschlossen, denn offenbar wollte die DDR-Führung bei den Verhandlungen einen gewissen „Heimvorteil“ nutzen, wenn sie die ostdeutschen Kommunalpolitiker bei den Verhandlungen überwachte und ihnen die kleinsten Details vorschrieb. Es wurde auch zuweilen versucht, auf die westdeutschen Delegationen Einfluss auszuüben. Der Inlandgeheimdienst der DDR, das Ministerium der Staatssicherheit (Mfs oder Stasi) war, wie der Bericht von Waldtraut Gmelin und Richard Schüle vermuten lässt, natürlich auch mit von der Partie und so war die Staatsführung wirklich über alle Verhandlungsdetails informiert.

Auch die Ratifikation der Verträge folgte einem allgemeinen Schema. Sie wurden wechselseitig jeweils durch die Bürgermeister der Städte nach einigen Wochen unterzeichnet. Wieder gingen die jeweiligen Delegationen auf Reisen. So unterzeichnete am 16. Mai 1988 eine Delegation aus Sömmerda in Böblingen unter der Führung von Bürgermeister Hölzer und am 20. Juni eine Böblinger Delegation unter der Leitung von OB Vogelgsang in Sömmerda die Ratifikationsurkunden, wodurch die Abmachung gültig wurde.

1988/1989 kam es in der DDR zum politischen Umbruch

Die Herrschaft der SED endete und die demokratisch regierten, neu erschaffenen Länder traten am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik Deutschland bei. Deshalb erneuerten Böblingen und Sömmerda ihren Partnerschaftsvertrag und am 4. Mai 1991 wurde dieser von Alexander Vogelgsang und dem neuen, demokratisch gewählten Bürgermeister von Sömmerda, Klaus Vanderheyden, unterzeichnet. Die Verbindung der beiden Städte wurden damit auf eine demokratische Basis gestellt und die Bürgerinnen und Bürger Böblingens und Sömmerdas erfüllten sie mit Leben.

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