Entwurf des Lärmaktionsplanes der Stadt Böblingen beschlossen
Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 20. Juni 2018 den Entwurf der Lärmaktionsplanung (LAP), so wie er mit Aufstellungsbeschluss vom 12. Juli 2017 vorgestellt wurde, unverändert bei nur einer Stimmenenthaltung beschlossen. Aus der dem Aufstellungsbeschluss folgenden Offenlegung (Öffentlichkeitsbeteiligung) sowie aus der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TÖB) kamen keine relevanten Hinweise und Anmerkungen, sodass eine Überarbeitung oder Ergänzung des Entwurfes des Lärmaktionsplanes nicht erforderlich wurde.
Kern des Lärmaktionsplanes stellen kurz- und mittelfristige Maßnahmen für die Bereiche in der Stadt Böblingen dar, mit denen eine Umgebungslärmbelastung mit einem Pegel (frei gewählter Schwellenwert) von über 67 Dezibel (dB) tags und 57 dB nachts vermieden werden soll. Hier sind vor allem die hochbelasteten und eng bebauten Hauptverkehrsstraßen im Innenstadtbereich betroffen. Im Lärmaktionsplan (LAP), unten auf der Seite zum Download, sind die betroffenen Bereiche (über 67 dB bzw. 57 dB) dargestellt (Lärmaktionsplanung Pläne 9 und 10).
Prüfung: Reduzierung der Streckenhöchstgeschwindigkeit
Das Planungsbüro, welches die Stadt Böblingen mit der Anfertigung des Entwurfes des LAPs beauftragt hat, hat dabei zunächst geprüft, ob mit straßenverkehrsrechtlichen Mitteln nach StVO, wie der Reduzierung der Streckenhöchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h, eine Verminderung der Belastung erreicht werden kann. Hierbei stellt aber der Gesetzgeber hohe rechtliche Hürden auf. Nach der anzuwendenden Richtlinie für die straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) müssen bei Erwägung einer Geschwindigkeitsreduzierung auf Hauptverkehrsstraßen die Richtwerte, also die vom Straßenverkehr herrührenden Beurteilungspegel die Werte von 70 dB tags bzw. 60 dB nachts überschreiten. Liegen diese Beurteilungspegel wie z. B. in der Friedrich-List-Straße am Tage zwar über dem gewählten Schwellenwert (67 dB) aber noch unter dem Beurteilungspegelvorgaben der Lärmschutz-Richtlinien-StV (70 dB) darf nicht das Mittel der Reduzierung der Streckengeschwindigkeit (z. B. von 50 km/h auf 30 km/h) angewandt werden.
Weitere Voraussetzungen
Nach den Lärmschutz-Richtlinien-StV gibt es bei Erfüllung der vorgenannten Kriterien noch weitere Hürden, die gegebenenfalls die Anwendung einer Geschwindigkeitsreduzierung als lärmmindernde Maßnahme verhindern. So erhöht sich bei einer möglichen Geschwindigkeitsreduzierung auf einem bestimmten Straßenabschnitt auch der Widerstand desselben. Das heißt, in einem bestimmten Zeitraum können bei reduzierter Geschwindigkeit (z. B. 30 km/h) nur noch weniger Fahrzeuge diesen Abschnitt passieren als unter Beibehaltung der normal zulässigen Geschwindigkeit (50 km/h). Dies wiederum kann zu Verdrängungseffekten führen mit der Folge, dass andere parallel geführte Straßen eine höhere als die ursprüngliche Verkehrsbelastung aufweisen und es dort wiederum zu höheren Lärmemissionen kommt. Dies ist zu vermeiden. Deshalb muss der zuständige Straßenbaulastträger im Vorfeld einer möglichen Anordnung von straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen (z. B. Reduzierung Streckengeschwindigkeit auf 30 km/h) dies in aufwendigen Berechnungsverfahren nachweisen.
Alternative Maßnahmen
Selbst wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass keine Verdrängungseffekte durch Geschwindigkeitsreduzierungen eintreten, muss dann als weitere Hürde der Nachweis erfolgen, dass ein Reduzierungseffekt mit einer Pegelminderung von mindestens 3 dB eintritt. (Bei 10 db ist übrigens eine Halbierung der Geräuschimmission erreicht.) Auch dieser Nachweis muss mittels vorgegebener Berechnungsverfahren erbracht werden. Erst wenn alle genannten Vorbedingungen erfüllt sind, kann durch die übergeordnete Straßenverkehrsbehörde eine straßenverkehrsrechtliche Maßnahme (hier Geschwindigkeitsreduzierung) zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm genehmigt werden. Können diese Vorbedingungen nicht erfüllt werden, müssen andere Maßnahmen zum Lärmschutz angewendet werden. Der Entwurf des Lärmaktionsplanes der Stadt Böblingen hat deshalb in vier verschiedenen Planfällen Möglichkeiten von straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen berechnet und geprüft und bei jeweiliger Nichteinhaltung bestimmter Vorgaben alternative Maßnahmen, wie z. B. die Fahrbahnsanierung mit lärmmindernden Asphalten als mittelfristig umzusetzende Maßnahme, geprüft. Dadurch kann sichergestellt werden, dass auf Basis der 2013 durchgeführten Lärmkartierung und Umsetzung der im Lärmaktionsplan dargestellten kurz- und mittelfristigen Maßnahmen (Geschwindigkeitsreduzierungen auf 30 km/h und Fahrbahnsanierungen mit lärmmindernden Asphalten) bis 2023 keine Lärmimmissionen über 67 dB tags bzw. 57 dB nachts auf dem Territorium der Stadt Böblingen auftreten werden.
Zur Umsetzung gerade der deutlich kostenintensiveren Maßnahme der Fahrbahnsanierung mit lärmmindernden Asphalten hat der Gemeinderat zusätzliche Investitionen in die Straßenunterhaltung von jeweils 100.000 Euro in den kommenden fünf Jahren beschlossen.
Deutlich größere Reduzierungen der innerstädtischen Belastungen durch Umgebungslärm verspricht man sich mit dem anstehenden Ausbau der A81 einschließlich der dabei vorgesehenen abschnittsweisen Lärmschutzeinhausung sowie weiterer Lärmschutzmaßnahmen sowie mit dem Neubau der parallel geführten Querspange, die zur deutlichen Verminderung der innerstädtischen Verkehrsbelastung führen wird.
Lärmaktionsplanung nicht abgeschlossen
Die Lärmaktionsplanung mit dem Beschluss des gegenwärtigen Entwurfes ist aber damit nicht abgeschlossen. Vielmehr stellt die Lärmaktionsplanung einen kontinuierlichen Prozess dar, bei dem auf Grundlage einer alle fünf Jahre durch das Landesamt für Umwelt zu erstellenden Lärmkartierung eine mögliche Betroffenheit der Bürger in der Stadt Böblingen zu prüfen ist. Auch sollte der Schwellenwert, der gegenwärtig bei 67 dB (Tag-Wert) bzw. 57 dB (Nacht-Wert) liegt, langfristig immer weiter abgesenkt werden, um die aus Umgebungslärm herrührende gesundheitliche Belastungen der Bevölkerung immer weiter abzubauen. Hier gibt es also auch in Zukunft noch einiges zu tun.
Die Stadt Böblingen hat gemäß § 47d Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) den Entwurf eines Lärmaktionsplanes aufgestellt, in dem Probleme mit Umgebungslärm und Lärmauswirkungen nach §47a BImSchG geregelt werden.
Grundlage dafür bildet die Lärmkartierung des Landesamtes für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg nach §47c BImSchG.
Der Entwurf des Lärmaktionsplanes kann hier eingesehen werden:
PDF-Dokument Lärmaktionsplannung Zwischenbericht (1,037 MiB)