„Ein Ereignis und seine Gesichter“ - Ausstellung zu 500 Jahren Bauernkrieg

Liebe Böblinger*innen,

Geschichte ist nie nur das, was war – sie ist auch das, was daraus gemacht wird. Vor einem halben Jahrtausend beherrschte der Bauernkrieg auch unsere Region. Ein Aufstand, in dem Menschen bisher nie dagewesene Freiheiten und Rechte forderten, der sie einte, spaltete und in Böblingen sein Ende fand. Eine Bewegung – viele Gesichter, die mit ihren ganz eigenen Entscheidungen ihre Geschichte des Aufstandes schufen. Und nach dem Ende? Da geht der Aufstand weiter: Seit 500 Jahren wird die „gescheiterte Revolution“ verarbeitet – von Liedern bis zum Kinderbuch, vom Orden bis zur Propagandaschrift. Zeit, um zurückzublicken und zu fragen: Wie funktioniert Geschichte? Und wem nutzt eine Darstellung? Unsere Bilder des Bauernkrieges stehen im Mittelpunkt der neuen Sonderausstellung des Deutschen Bauernkriegsmuseums. Sie ist in Kooperation mit der Städtischen Galerie entstanden.

„500 Jahre Bauernkrieg – Ein Ereignis und seine Gesichter“ ist von 12. April 2025 bis 11. Januar 2026 im Museum Zehntscheuer (Pfarrgasse 2) zu sehen. Ebendort gibt es am Samstag, 12. April 2025, um 15.00 Uhr die Eröffnung, wozu ich Sie herzlich einlade.

Herzstück des Auftakts bildet eine Kurzlesung des Spiegel-Besteller-Autors Dr. Christian Pantle aus seinem neuen Sachbuch. Neben musikalischer Umrahmung von Nasim freuen wir uns auf einen exklusiven Teaser aus dem Theaterstück unserer DAT-Kunstschule zum Gedenkjahr: „Äbtissin oder Magd – Entscheidungen schaffen Geschichte“.

Teil 1: Mit einem Bauernhauptmann auf Reisen

Mehr als 300 Jahre lang sind es die Sieger, die die Geschichte des Aufstandes schreiben. Sie bestimmen, welches Bild des Bauernkrieges der Nachwelt überliefert wird. Die Stimme der Aufständischen hingegen bleibt stumm.
Der Bauernhauptmann Matern Feuerbacher prägte mit seinen Entscheidungen allerdings den württembergischen Aufstand von seinem Anfang bis zu seinem Ende in Böblingen. Für die Aufstellung wird er zu unserem Reisebegleiter durch acht Szenen des Bauernkrieges mit verschiedenen Personen und Schauplätzen. Und er macht deutlich: Es ist alles eine Frage der Perspektive.

Teil 2: Verzerrt! Verteufelt! Vereinnahmt! – Deutungen aus 500 Jahren

Naturereignis, Kampf des Lichts gegen die Dunkelheit oder doch Vorkämpfer für eine klassenlose Gesellschaft? Die Deutungen des Bauernkrieges über die Jahrhunderte zeigen, wie Geschichtsbilder entstehen und sich wandeln. Die „gescheiterte Revolution“ wird zum Vorbild, Leitbild und Argument – stets mit der Frage: „Cui bono?“ Wem nutzt diese Darstellung?

Dabei führt uns der Rundgang vom 18. Jahrhundert über die Zeit des Nationalsozialismus und der Deutschen Demokratischen Republik bis hin zum modernen Bundschuh. Die Deutungen des Bauernkrieges verraten stets Spannendes über die Gesellschaften und Personen, die sie hervorbringen. Wer bestimmt, woran erinnert wird – und wie?

Teil 3: Böblinger Erinnerungskultur in der Bildhauerei

Wir als Stadtgesellschaft erinnern an einem Ort der Entscheidungsschlacht ebenfalls seit Jahrzehnten auf verschiedene Weise an den Bauernkrieg. Die Bauernoper im Rahmen des 950-jährigen Stadtjubiläums 2003 dürfte noch so manchen von Ihnen in guter Erinnerung sein – vielleicht auch, weil Sie selbst ein Teil des beeindruckenden Ensembles waren.

Eine besondere Rolle spielt außerdem unsere Denkmalskunst im Stadtbild, die wir dieses Jahr um ein Werk des Künstlers Peter Lenk erweitern. Der Entstehungsprozess des Kunstwerkes steht wie die bildhauerischen Werke von Lutz Ackermann – mal abstrakt und symbolisch, mal nahezu vollplastisch und emotional – im Mittelpunkt der gezeigten Denkmalskunst.

Begleitprogramm zur neuen Ausstellung

Im gesamten Jahr erweitert die Ausstellung ein umfangreiches Begleitprogramm mit Sonderführungen, einer Tagung, Vorträgen, Weinproben und vielem mehr. Neu für junge Museumsbesucher*innen ab Ende April 2025: Unser „Adventure Game“ lässt den Aufstand interaktiv erkunden und stellt Jung und Alt mit Böblinger*innen aus der Vergangenheit vor  Entscheidungen.

Für welchen Weg entscheiden Sie sich bzw. entscheidet Ihr Euch? Ich wünsche Ihnen und Euch viel Freude beim Ausprobieren.

Ihr
Dr. Stefan Belz

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