Mit klarem Handeln durch unruhige Zeiten: Verantwortung übernehmen, Zukunft sichern
Liebe Böblinger*innen und Dagersheimer*innen,
Für das Jahr 2026 haben wir diese Woche den Haushaltsplan in den Gemeinderat eingebracht – in unruhigen Zeiten: Die Finanzmärkte schwanken, die kommunalen Ausgaben steigen, die Aufgaben, die von Bund und Land an die Kommunen übertragen werden, nehmen weiter zu, die Einnahmen gehen stark zurück. Unsere wichtigste Aufgabe ist es jetzt, mit ruhiger Hand und klarem Kompass zu steuern. Anstatt in Hektik zu verfallen, gilt es für uns, besonnen zu handeln, Maß zu halten und Verantwortung zu übernehmen, um unsere Zukunft zu sichern. Die Ausschussberatungen finden vom 2. bis 4. Dezember statt – am 16. Dezember 2025 steht die Verabschiedung des Haushaltsplans auf der Tagesordnung. Wir laden Sie herzlich ein, diese Sitzungen im Großen Sitzungssaal des Rathauses mitzuverfolgen.
Noch vor wenigen Jahren war Böblingen mit Dagersheim eine „Insel der Stabilität“. Eine starke Wirtschaft bescherte uns Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer, hohe Rücklagen und in der Folge steigende Investitionen in unsere Infrastruktur, um den Sanierungsstau der letzten Jahrzehnte schrittweise zu bewältigen – all das prägte unser Bild.

Böblingen hat keine Insel-Lage mehr
Heute stehen wir – wie nahezu alle Kommunen in Baden-Württemberg und in Deutschland – vor einer neuen Realität. Jüngst wandten sich 13 Oberbürgermeister deutscher Landeshauptstädte mit einem Brandbrief an den Bundeskanzler, der nochmals deutlich betont: Die Kommunen sind finanziell am Limit.
Das bedeutet: Wir müssen uns ehrlich machen, was in dieser Zeit möglich ist – und was nicht.
Für unseren städtischen Haushaltsplan 2026 stellt sich das wie folgt dar:
- Unsere Gewerbesteuer-Einnahmen 2024 bewegten sich auf Rekordniveau. Dies führt nun zu massiv steigenden Umlagen im Haushaltsjahr 2026 an das Land, den Landkreis und den Verband Region Stuttgart – insgesamt rund 107 Millionen Euro.
- Gleichzeitig sinken die Einnahmen drastisch: Für 2026 rechnen wir mit 30 bis 40 Millionen Euro weniger Gewerbesteuer als im Rekordjahr 2024.
- Gleichzeitig steigen die Kosten für Personal, Energie und Bauunterhaltung. Weitere Pflichtaufgaben belasten den Haushalt zusätzlich.
Das Ergebnis: Ein Defizit von rund 46 Millionen Euro im Ergebnishaushalt. Im Haushaltsjahr 2026 können wir dieses Defizit aus der Rücklage ausgleichen. Die Rücklagen sind jedoch schnell aufgezehrt. Die mittelfristige Finanzplanung macht uns deutlich, dass wir weiter auf dem Konsolidierungspfad bleiben müssen.
Diese Lage ist kein Böblinger Problem allein. Der Städtetag Baden-Württemberg spricht von einer „katastrophalen Finanzlage der Kommunen“. Bei der Bertelsmann-Stiftung heißt es: „Der Gestaltungsraum in den Kommunen geht gegen Null“ – eine bislang undenkbare Verschuldungsspirale. Wir sind zwar in guter Gesellschaft, was uns die Herausforderung aber nicht erleichtert.
Ernst der Lage – und unser klares Handeln
Wir müssen uns auf das Notwendigste und Wichtigste konzentrieren. Die Vielzahl an Projekten, die wir gleichzeitig bearbeiten und die zugleich kostenintensiv sind, müssen wir zeitlich schieben und auf
den Prüfstand stellen.
Als klar war, dass die Gewerbesteuer-Zahlungen stark zurückgehen werden, haben wir gemeinsam mit dem Gemeinderat vor der Sommerpause eine Haushaltsstrukturkommission eingesetzt. Sie wird uns helfen,
- die richtigen Prioritäten zu setzen,
- die Qualität der Aufgabenerfüllung
zu überprüfen, - auch schwierige Entscheidungen vorzubereiten.
Ich bin überzeugt, dass wir in der Lage sind, diesen neuen und klug, überlegt und gemeinsam zu begegnen.
Wir danken ebenfalls allen, die den Kurs des Nachtragshaushaltes für dieses laufende Haushaltsjahr unterstützt haben. Dies zeigt, dass wir gemeinsam an Lösungen arbeiten.
Manchen mag es nicht schnell genug gehen, weshalb sie ein radikales Vorgehen bei der Haushaltskonsolidierung einfordern. Das ist einerseits nachvollziehbar. Andererseits aber verkennt dieser Ansatz, dass all das, was wir in unserer Kommune leisten, immer mit den Menschen in unserer Stadt verbunden ist. Strukturen abzubauen, um sie später mühsam wieder aufzubauen, kommt in der Regel teurer, als klug, bedacht und mit Verantwortung den Haushalt aufzustellen.
Erklärtes Ziel ist es, einen genehmigungsfähigen Haushalt 2026 vorzulegen
Um dies zu erreichen, sieht unser Entwurf eine pauschale Kürzung aller Budgets um rund 6,5 Millionen Euro vor. Das bedeutet nicht Stillstand. Es bedeutet vielmehr einen sparsamen Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen. Und es bedeutet: Maß halten, Schwerpunkte setzen und bewusst auswählen.
Investitionen mit Augenmaß
Die anstehenden Investitionen müssen wir angepasst an die Finanzlage zurückfahren – aber nicht stoppen. Das heißt:
- Bildung bleibt Kernaufgabe: Die Sanierung von Schulen, die Vorbereitung auf die Ganztagsbetreuung sowie beispielsweise die Erweiterung von Kitas haben weiterhin Priorität.
- Sportstätten werden wir im Blick behalten und entsprechende Instandsetzungen durchführen, zum Beispiel am Stadion im Silberweg.
- Klimaschutz bleibt Pflicht: von der Wärmeplanung bis zur Klimaanpassung. Zum Beispiel wird der Leonardo-da-Vinci-Platz auf dem Flugfeld umgestaltet, sodass er sich bei großer Hitze im Sommer nicht mehr so stark aufheizt.
- Die Wirtschaft bleibt eine ganz entscheidende Grundlage für Böblingens Erfolg. Die Weiterentwicklung des Krankenhaus-Areals zu einem Technologie- und Innovationscampus und die Unterstützung des Herman-Hollerith-Zentrums für die IT-Fachkräfte von morgen sind weiterhin gesetzt.
Wir investieren gezielter und pragmatischer – aber wir investieren weiter. Hierfür haben wir Mittel in Höhe von 53 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2026 vorgesehen. Davon sollen rund 35 Millionen Euro in die kommunale Infrastruktur fließen.
Bei aller nötigen Haushaltsdisziplin dürfen wir nicht vergessen, was Böblingen und Dagersheim stark macht: das Ehrenamt. Wir investieren rund eine Million Euro in die Unterstützung derjenigen, die sich für andere einsetzen. Die Bereiche Kultur und Stadtmarketing erhalten rund sieben Millionen Euro – denn Gemeinschaft braucht Räume und Begegnungsmöglichkeiten, gerade in schwierigen Zeiten.
Personal
Unsere Mitarbeitenden sind das Herzstück der Stadtverwaltung. Sie verdienen gerade in Zeiten, in denen die Anforderungen steigen und die Ressourcen knapper werden, besondere Anerkennung. Ich weiß, wie viel Einsatz, Flexibilität und Kreativität sie täglich zeigen – und dafür danke ich ausdrücklich.
Zugleich benötigen wir in der aktuellen finanziellen Situation eine klare Haltung beim Stellenplan:
- Wir halten Maß im Stellenplan – Konsolidierung statt großer Zuwächse.
- Wir setzen auf Effizienzsteigerung durch Digitalisierung und die Optimierung von Prozessen.
- Wir schaffen Stellen gezielt dort, wo es notwendig ist.
Unmittelbar wirksam wären somit nur etwa drei Stellen. Davon eine in der Bußgeldstelle, die sich finanziell selbst trägt, und zwei Stellen sind Entfristungen von bereits Beschäftigten in der Ausländerbehörde, die bereits kostenwirksam sind. Für den gesamten Kita-Bereich werden rund 15 Stellen mit Sperrvermerk vorgesehen, die insbesondere durch den Neubau der Kita Breslauer Straße 21 bedingt sind. Gerade im Kita-Bereich haben wir im Stellenplan noch 16 offene Stellen bei pädagogischen Fachkräften zu besetzen.
Auf diese Weise sichern wir die Funktionsfähigkeit unserer Verwaltung, ohne die finanziellen Spielräume zu überlasten. Wir tun dies mit Respekt vor der Leistung unserer Mitarbeitenden und mit dem Ziel, Böblingen als attraktive Arbeitgeberin zu erhalten und voranzubringen.
Dank und Zuversicht
Für die Aufstellung des Haushaltsplans danken wir sehr herzlich den Mitarbeiter*innen der Kämmerei, stellvertretend Sascha Schneider, Amtsleiter und Stadtkämmerer, und Daniel Harwardt, Abteilungsleiter Finanzen – ebenso allen Verantwortlichen aus den Fachämtern für ihre Beiträge.
Mit dem Entwurf zum Haushalt 2026 legen wir keinen Wunschzettel vor. Dieser Entwurf ist ein realistisches, verantwortungsvolles Fundament für die Zukunft unserer Stadt.
Wir können nicht alles machen. Aber wir können das Wesentliche sichern – für Kinder und Jugendliche, für unsere Wirtschaft, für Bildung und Klima, für das Ehrenamt und für eine lebenswerte Stadt.
Die kommenden Monate werden herausfordernd. Doch wir sind überzeugt: Wenn wir mit Disziplin, Klarheit und Mut handeln, wird Böblingen auch diese Zeiten bestehen – und daran wachsen.
Dr. Stefan Belz Tobias HeizmannOberbürgermeister Erster Bürgermeister


